Wiederaufbau und Gestaltung der Kirche ab 1950

Der Wiederaufbau des Innenraumes der Johanniterkirche nach dem 2. Weltkrieg lag in der Hand des Architekten Paul Zühlke. Er entwarf die Innenraumgestaltung und setzte auch seine künstlerischen Fähigkeiten ein, um diese Entwürfe zu verwirklichen.

Durch die Flucht aus seiner westpreußischen Heimat, der Tucheler Heide, war Paul Zühlke in das Gebiet der Kirchgemeinde Mirow, nach Zirtow verschlagen worden. Da er in seiner Heimat schon eine Kirche erbaut hatte, wurde ihm vom damaligen Mirower Gemeindepastor W. Joneleit der Wiederaufbau der Mirower Kirche angeboten. Paul Zühlke sagte zu und stellte sich der Aufgabe, nun für diese vorgegebenen gotischen Formen eine Innengestaltung zu entwerfen. Diese entsprach dem Empfinden jener Jahre, nämlich schlicht und einfach, und sollte bei den damaligen Möglichkeiten auch durchführbar sein.

Einzelheiten der Ausgestaltung

Betreten wir den Raum vom Turm aus von der Westseite der Kirche, dann beeindruckt sofort der Altarraum. Dieser wurde im Verhältnis zur übrigen Kirche reich gestaltet und wird beherrscht vom überlebensgroßen Kruzifix.

Die Seitenwände mit den gotischen Fenstern im Süden und den Blenden der zugemauerten Fenster im Norden sind in schlichtem weiß gehalten. Sie werden nur an der Verbreiterung des Westhauses durch monumentale Symbolfiguren unterbrochen.

Aus Ton schuf hier Paul Zühlke die Symbolfiguren für die vier Evangelisten: Auf der Nordseite der Engel für Matthäus und der Löwe für Markus.

Auf der Südseite der Adler für Johannes und der Stier für Lukas. Diese Gestalten werden in der Bibel zweimal erwähnt: Beim Propheten Ezechiel im Alten Testament und in der Offenbarung im Neuen Testament. Die wurden dann wurden von der frühen Christenheit als Symbolfiguren für die Evangelisten übernommen.

Ebenfalls aus Ton schuf Zühlke die drei Reliefs für die Kanzel – links im Altarraum. Dort sehen wir in der Mitte den Säemann, links davon, zur Wand geneigt, das Relief mit dein guten Hirten, der das Lamm trägt, wie der Säemann eine Gestalt aus Gleichnisworten Jesu. Auf dem rechten Feld sehen wir den sinkenden Petrus.

Das größte und interessanteste Werk bietet sich uns im Kruzifix (über dem Altar). Dieses schnitzte Zühlke aus einem auf der Insel gewachsenen Baum. Es fallen sofort ungewöhnliche Züge auf: Der Gekreuzigte hängt nicht am Kreuz, sondern er steht aufrecht mit erhobenem Haupt. Hier ist nicht nur das Leiden Christi gestaltet, sondern zugleich sein Sieg über den Tod angedeutet. Möglicherweise knüpfte Zühlke hier bewußt an romanische Kreuzigungsdarstellungen an, bei denen wir den Gekreuzigten mitunter in ähnlicher Haltung mit einer Königskrone auf dem Haupt – anstelle der Dornenkrone – finden.
Bei Zühlke deutet ein Holzreif über dem Haupt den Glorienschein an. Die Beine sind nebeneinander gestellt, um die aufrechte, ja sich emporreckende Haltung anzudeuten. Der bibelkundige Betrachter wird hier an die Worte beim Evangelisten Johannes erinnert: „Es ist vollbracht.“

Die drei mittleren Altarfenster, nach Zühlkes Entwürfen vom Naumburger Glaser Franke gestaltet, unterstreichen die Aussage von der Überwindung des Todes.

In den drei Fenstern dominieren stilisierte Rankenmotive, die das Kreuz umranken und gleichsam als Lebensbaum erscheinen lassen sollen. Dies ist ein beliebtes Motiv in der mittelalterlichen und in der modernen Sakralkunst. Das Kreuz, in der alten Welt Zeichen des Verbrechertodes und des Fluches, wurde durch Christi Tod und Auferstehung zum Symbol neuer Hoffnung.
Das mittelste der drei Altarfenster bietet durch die Vielzahl der in ihm enthaltenen Symbole einen sehr farbenfrohen Hintergrund für das Kreuz.

Oben sehen wir zunächst zwei Symbolbuchstaben: Alpha und Omega, der erste und der letzte Buchstabe des griechischen Alphabetes, welche an ein Christuswort erinnern: „Ich bin das A und das O (Alpha und Omega), der Anfang und das Ende.“
Darunter befinden sich mehrfach wiederholend die drei Zeichen Herz, Kreuz und Anker. Sie erinnern an das Bibelwort: „Nun aber bleiben Glaube (Anker), Hoffnung (Kreuz), Liebe (Herz)…“

Unter den Ankern entdecken wir das Zeichen des Fisches, ein Christussymbol der frühen Christenheit. Das griechische Wort für Fisch „ICHTYS“ bietet die fünf Anfangsbuchstaben der griechischen Worte „JESUS CHRISTOS THEOU HYOS SOTER“, deutsch: Jesus Christus Sohn Gottes Retter.

Wie in den Wandlampen, die abwechselnd Ähre und Weintraube enthalten, finden sich auch im Fenster diese Symbole für das Abendmahl: Goldene Ähren sind strahlenförmig um die Kreuze und blaue Weintrauben um die Herzen herum angeordnet. Unter den Weintrauben und Herzen befindet sich der Kelch des Abendmahles.

Ebenfalls Hinweise auf das Abendmahl finden wir in den kleinen Fenstern hinter dem Altar: Links ein Engel mit der Weintraube und rechts das Lamm mit der Siegesfahne (Christus, das geopferte und auferstandene Gotteslamm, vermittelt sein Heil den Glaubenden- das Blut des Lammes fließt in den Kelch). In der Nachkriegszeit war die Gestaltung von Kirchräumen mit Symbolen sehr beliebt. So finden wir weitere Symbole in den Nischen über den Altarfenstern:

Links außen:auf einem Dreieck *Hinweis auf die Trinität Gottes (Vater, Sohn und Heiliger Geist)
Halblinks:Strahlenkrone mit Kreuz *Sie kann als Hinweis auf Advent gesehen werden – Christus wird als König erwartet, oder auf die Himmelfahrt hinweisen – Christus wurde erhöht.
In der Mitte:Eine stilisierte Taube *Vom Neuen Testament her ein Symbol für den Geist Gottes.
Halbrechts:Das Schiff *Als Symbol für die Kirche.
Rechts außen:Das Herz-Jesu Zeichen *Symbol, das sonst nur in katholischen Kirchräumen vorkommt; auf diese Weise bietet der Kirchraum noch einen ökumenischen Akzent.

Von der vielseitigen Begabung Zühlkes zeugt auch die Wand hinter dem Altar mit den drei Fresken.

Hier schuf Zühlke drei Bilder mit Motiven aus der Passions- bzw. Ostergeschichte.

Links: Gethsemane; in der Mitte: Grablegung Christi; rechts: Ostermorgen, das leere Grab.

Interessant ist auch der Taufstein gestaltet.
Der eigentliche Taufstein mit handgearbeiteter Messingschale und -deckel, aus dessen Kreuz vier Paradiesströme entspringen, wird umgeben von sieben Steinplatten, die achteckig angeordnet an einen Taufbrunnen erinnern.

Der „Brunnenrand“ trägt als Ornamente abwechselnd Kreuz und Christogramm XP d.h. die griechischen Buchstaben chi und rho, (X und P) die Anfangsbuchstaben von „Christus“.

Die sieben Steinplatten lagen übrigens früher im Fußboden des Altarraumes als Grabplatten für die Komturen des Johanniterordens, die in den ersten Jahrhunderten unter dem Fußboden des Altarraumes beigesetzt wurden.

Die Westwand der Kirche hat der Architekt bewußt freigehalten, da sie durch den Prospekt einer großen Orgel bestimmt werden sollte.

Dem aufmerksamen Betrachter wird es nicht entgehen, daß an einer Stelle im Laufe des Jahres die farbliche Gestaltung wechselt.

Das Antependium am Altar (auf deutsch „Vorhang“) wechselt die Farbe je nach der Kirchenjahreszeit (auch der Kanzelbehang, wo ein solcher vorhanden ist, ebenso die Meßgewänder in den katholischen und manchen protestantischen Kirchen, z.B. in Nordeuropa).

Die genannten Ausstattungsstücke sind in der Regel aus wertvollem handgesponnenem und handgewebtem Material und können daher nicht von allen Kirchen in allen Farben angeschafft werden.

Die „liturgischen Farben“ sind weiß -grün -rot- violett und schwarz.

Am häufigsten ist das grüne Antependium zu sehen, nämlich an allen Sonntagen, die nicht durch ein besonderes Fest oder eine Festzeit geprägt sind.

Das Kirchenjahr beginnt mit dem 1. Advent, der Adventszeit, die in der alten Kirche streng als Vorbereitungszeit für Weihnachten, als Vorbereitung auf den kommenden Herrn, und damit als Bußzeit gesehen wurde- daher in dieser Zeit das violette Antependium.

Das Fest der Geburt Christi, das mit dem Heiligen Abend am 24.12. beginnt und am Epiphaniastag, dem 06.01. endet (volkstümlich auch „Dreikönigstag“ genannt) soll von festlicher Freude geprägt sein und trägt daher die Farbe weiß. Mit dem Aschermittwoch beginnt die vierzigtägige Fasten- und Passionszeit, die an das Leiden Christi erinnert, das am Karfreitag in der Kreuzigung Jesu seinen Höhepunkt fand.

Diese Zeit ist vom violetten und der Karfreitag vom schwarzen Antependium geprägt.

Eine besondere Stellung nimmt der Tag vor Karfreitag, der Gründonnerstag, ein. An diesem Tag stiftete Jesus vor seiner Verhaftung mit dem Heiligen Abendmahl den „Neuen Bund“. Die liturgische Farbe dieses Tages ist daher weiß, ebenso die des Osterfestes, an dem die Christenheit die Auferstehung Jesu feiert. Ursprünglich wurde sie an jedem Sonntag gefeiert, daran erinnert noch das russische Wort für Sonntag „Woskreßenije“ (wörtlich übersetzt: Auferstehung).

Der jetzige Ostertermin wird wie das jüdische Passah-Fest- nach einem astronomischen Datum festgelegt, nämlich in der ersten Vollmondphase nach dem 21.03.. An dem danach festgelegten Osterdatum orientieren sich die Festtage davor und danach:

40 Tage zuvor Aschermittwoch; 40 Tage danach, bis zum Himmelfahrtstag, die Osterzeit, die wieder von festlicher weißer Farbe geprägt ist. 50 Tage nach Ostern wird Pfingsten (vom griechischen „pentekoste“=50 abzuleiten) gefeiert.

Dies ist das Fest des Geistes Gottes, Fest der Kirche, daher rote Farbe, die Farbe des Blutes (der Märtyrer) und des Feuers (des Geistes).

Als kleinere Feiertage wären noch zu nennen:

Trinitatis, Tag der „Dreieinigkeit“– Sonntag nach Pfingsten= weiß
Johannistag– 24.06., Tag Johannis des Täufers= weiß
Michaelistag– 29.09., Tag des Erzengels Michael= weiß
Erntedankfest– Sonntag nach dem 29.09= grün
Reformationstag– 10., Thesenanschlag Martin Luthers= rot
Bußtag– Mittwoch vor dem Totensonntag= violett
Totensonntag oder Ewigkeitssonntag– Sonntag vor dem 1. Advent= violett