Aus der Geschichte von 1226 bis 1950

Der Ort Mirow in Mecklenburg

Im Jahre 1226 schenkte Heinrich Borwin, Herr zu Rostock, dem Johanniter Ritterorden 60 Hufen Land gegen Zahlung von 100 Mark Silber. Auf der Halbinsel am Südostende des Mirower Sees, der heutigen Schloßinsel, errichteten die Johanniter eine Ordensniederlassung (Komturei). Bei der Bestätigung dieser Stiftung im folgenden Jahr wird schon eines Dorfes Mirow gedacht. Damit also urkundliche Ersterwähnung des Ortes Mirow im Jahre 1227. Bis Ende des 15. Jahrhunderts hatten die Johanniter fast das ganze heutige Amt Mirow an sich gebracht, ja die Grenzen des Ordensbesitzes gingen teilweise noch darüber hinaus.

Der große Besitz des Ordens, frei von fast allen Leistungen und Abgaben, glich fast einer beschränkten Landesherrschaft.

Als der fromme Sinn allmählich schwand, wurde der Wunsch der Landesherren rege, den reichen Ordensbesitz ihrem Einfluß zu unterwerfen. Es fehlte am Ausgang des Mittelalters nicht an Streitigkeiten über Abgaben und Rechte. Dann kam die Reformation und mit ihr der Entscheidungskampf zwischen geistlicher und weltlicher Macht. Von besonderer Bedeutung für den Ort und seine Entwicklung wurde Herzog Karl (1564-1610). Seit 1587 hatte er dort im Komtureihause seinen ständigen Wohnsitz. Er ließ die Halbinsel, auf der die Komturei lag, durch Wall und Graben befestigen, so daß sie nun völlig Insel wurde. 1588 erbaute Herzog Karl ein festes Torhaus.

Nach dem Tode des Herzog Karl 1610 wurde Mirow für die Herzöge verwaltet, bis die Komturei im westfälischen Frieden säkularisiert und dem Hause Mecklenburg-Schwerin zur Entschädigung eingeräumt wurde.

So wurde Mirow zwischen 1658 und 1675 zum Wohnsitz zweier Söhne Adolf Friedrich 1. Im Hamburger Erbvergleich erhielt Herzog Adolf Friedrich 11. die Komturei Mirow endgültig als einen nicht unwesentlichen Bestandteil des neuen Herzogtums Mecklenburg-Strelitz.

Adolf Friedrich 11., seit 1701 nunmehr Herzog von Mecklenburg-Strelitz, verlieh Mirow nach dem Dreißigjährigen Krieg einen handwerklichen Aufschwung. Er starb 1708, nachdem er im Jahre 1705 in Mirow zum zweitenmal heiratete und hinterließ die 27jährige Witwe, Christine Aemilie Antonie, geb. Fürstin zu Schwarzenburg. Diese erhielt im Jahre 1709 das Schloß Mirow als Witwensitz.

Dieses Schloß sowie alle weiteren auf der Insel befindlichen Gebäude brannten 1742 infolge eines Blitzschlages nieder.

Nördlich der Kirche wurde nun von 1749 bis 1752 ein neues Schloß erbaut.

1753-1760 ließ Herzog Adolf Friedrich IV das Schloß ausbauen und im Innern völlig neu ausstatten.

1761 hörte die Hofhaltung in Mirow auf und das Schloß erwachte immer nur noch für Stunden zu höfischem Leben, wenn ein Mitglied des Strelitzer Herrscherhauses in der Fürstengruft beigesetzt wurde.

An der Stelle des 1735-1737 erbauten „unteren“ Nebenschlosses ließ er 1766 einen zweistöckigen Neubau errichten. Dieses wurde ab 1820 als Landeslehrerseminar genutzt.

Die Johanniterkirche mit Fürstengruft

Der Ordensniederlassung der Johanniter stand wahrscheinlich die ersten hundert Jahre hindurch nur eine Hauskapelle für ihre Gottesdienste zur Verfügung. Die Kirche, die gemäß der Johannitertradition Johannes dem Täufer geweiht wurde, stammt erst aus der 1. Hälfte des 14. Jahrhunderts. Eine Bemerkung aus dem Jahre 1341 läßt ihr Bestehen bereits vermuten, ausdrücklich erwähnt wird sie dann aber 1351 und 1356.
Der Backsteinbau wurde im gotischen Stil errichtet und besteht aus dem schmalen Ostteil, dem „Chor“ (bzw. Altarraum) und dem westlich angebauten ca. 3 m breiterem Schiff, bei dem die Wandstärke, die Größe der Ziegelsteine und die Breite der Fenster geringer ausfallen als im Chor.

Im Westteil der Kirche läßt die enge Stellung der Strebepfeiler darauf schließen, daß für das Schiff nie ein Kreuzgewölbe vorgesehen war. Ob der Chorraum jemals ein Kreuzgewölbe hatte, ist nicht festzustellen.

Ebenfalls unserer Kenntnis entzieht sich das Ausmaß der Zerstörung während des 30jährigen Krieges zwischen 1635 und 1640. Mit dem Ende des 30jährigen Krieges ging der Besitz der Johanniter in das Eigentum der mecklenburgischen Herzöge über.
Im Jahre 1742 brannte dann die Kirche völlig aus. Dies geschah am 4. September, als ein Blitz in den an der Westseite des Kirchenschiffes angebauten Holzturm einschlug.

Bereits zwei Jahre später fand am 1. Advent 1744 die Wiedereinweihung statt. Der Innenraum der Kirche wurde nun im barocken Stil als Schloßkirche ausgestaltet. An der Südseite befand sich eine reich verzierte Kanzel. Ihr gegenüber, an der Nordseite des Altarraumes, befand sich jetzt in Höhe der ersten Empore eine Fürstenloge.

Der Altarraum wurde von dem hohen Barockaltar beherrscht. Das auf den erhaltenen Fotos (s. S. 10) erkennbare Altarbild „Christus am Kreuz“, wurde 1868 von Großherzogin Marie als Kopie eines Dürerbildes, befindlich in der St. Moritz Kapelle Nürnberg, geschaffen. Das Mirower Altarbild „Golgatha“ aus der Zeit vor 1868 finden wir in der Kirche zu Leussow. An den Wänden des Kirchenschiffes zogen sich zwei Emporen entlang. Auf der 2. Empore wurde an der Westseite des Schiffes die Orgel eingebaut.

Leider ist von der Westansicht des Innenraumes aus der Zeit von vor 1945 kein Foto erhalten bzw. verfügbar.

Die Decke des Innenraumes war im barocken Stil als Voutendecke gestaltet.

An der Nordseite der Kirche wurde unter einem Schleppdach die Fürstengruft angefügt. Der Anbau erfolgte wesentlich in zwei Bauabschnitten 1704 und 1819; er schließt sich an die ältere Gruft der Komturherren an. Diese liegt unter dem Gewölbefeld von 1819 und ist heute nicht mehr zugänglich. Zu damaliger Zeit konnte man die Gruft durch die heute noch vorhandene Tür erreichen. Die beiden eisernen Torflügel verhinderten beim Brand 1945 das Übergreifen des Feuers auf die Gruft.

Durch Vandalismus wurden in der Nachkriegszeit Särge zerstört, wahrscheinlich mit der Hoffnung, als Grabbeilagen Schmuck zu erbeuten.
Die Fürstengruft ist das Erbbegräbnis der Strelitzer Fürsten, Hier sind die regierenden Herzöge und ihre Gattinnen sowie ihre nächsten. Angehörigen beigesetzt, mit Ausnahme des letzten Großherzogs Adolf Friedrich VI.. Seine letzte Ruhestätte befindet sich h einer nördlich vorgelagerten Insel, von den Mirowern auch „Liebesinsel“ genannt. l Grabmal stellt e abgebrochene Säule mit einer Schlange dar. Die abgebrochene Säule deutet auf das abgebrochene Leben des Großherzogs hin denn er wählte am 23. Februar 1918 den Freitod.

Die Schlange, die Säule umschließend, stellt die Versuchung dar. Über die Ursachen des Freitodes gibt es zwei Varianten:
So wird erzählt, daß die unglückliche Liebe zu Fürstin Daisy Pleß den Großherzog in den Tod trieb.
Andererseits wird vermutet, daß der leichtfertige Umgang mit dem Fürstensiegel es ermöglichte, während des Krieges Briefe über die Schweiz nach England an das verwandte Königshaus zu schicken. Diese Briefe sollen nicht nur privater Natur gewesen sein.

Nach dem Wiederaufbau der Kirche nach 1945 wurde der Zugang von der Kirche zur Gruft zugemauert.

Bis 1998 war die Gruft nur von außen durch die an der Ostseite gelegene Tür erreichbar. An der nördlichen Außenwand der Fürstengruft findet man ein Sandsteinkreuz.

Es wurde zum Andenken an den Großherzog Friedrich Wilhelm, gestorben 1904, von der Witwe errichtet.

Besonders sei darauf hingewiesen, daß in dieser Gruft Adolf Friedrich IV., durch Fritz Reuter als „Dörchläuchting“ bekannt geworden, beigesetzt ist. Jahrelang war die Gruft aus bautechnischen Gründen nicht begehbar. 1998 fanden umfangreiche Bau- und Restaurationsmaßnahmen statt, so daß die Gruft wieder vom Kircheninnenraum begehbar ist.

Neben der Gruft befindet sich ein kleines Grabhäuschen. Eine Zeichnung von 1927 hat eine alte Inschrift bewahrt: FREIHERRLICH VON KEISERLINCKSCHES ERBBEGRÄBNIS 1795.

Genauere Überlieferungen hierzu gibt es leider nicht.

Der Kirchturm

Nach Wiederherstellung der Kirche 1744 wurde der Turm auf quadratischem Grundriß massiv hochgezogen. Auf der achteckig gemauerten Glockenstube entstand jetzt die barocke Turmspitze, die dreiteilig gestaltet, aus Welscher Haube, Laterne und dreifach geschwungenem Helm besteht.

Preußenkönig Friedrich II., der Mirow und seinem Fürstenhaus seit seiner Rheinsberger Zeit verbunden war, stiftete das Kupfer für die barocke Turmspitze, die 1747 vollendet werden konnte.
Wie der Turm wurde damals auch das Kirchenschiff verputzt.

In dieser äußeren Gestaltung war die alte Johanniterkirche, sich aus dem Baumbestand der Schloßinsel erhebend, das Wahrzeichen von Mirow.

Dies dauerte bis zum 1. Mai 1945 an, als die sich zurückziehenden deutschen Truppen den Kirchturm in Brand schossen, um der nahenden Sowjetarmee diesen bedeutenden Aussichtspunkt zu nehmen. Somit wurde die Kirche wieder ein Opfer der Flammen und wurde bis 1950 mit Hilfe der Kirchgemeinde und vieler Bürger wieder aufgebaut.

Das Begleitheft zur Kirchweihe am 3. September 1950 zeigt eine Abbildung der Kirche und des Kirchturmes in einer Form, die nie verwirklicht wurde.